Mikrokanalplatten

Mikrokanalplatten (englisch: micro structured optical array = MOA) bestehen aus einer ebenen Platte mit zur Plattenoberfläche senkrecht und zueinander parallel stehenden Mikrokanälen, die einen quadratischen Querschnitt haben. Eine Punktlichtquelle in einem vorgegebenen Abstand vor der Optik wird durch Reflexion an den Seitenwänden der Kanäle in einen Brennpunkt in der Brennebene im gleichen Abstand hinter der Mikrokanalplatte abgebildet (Abb. 1). Diese Optik liefert also immer einen Abbildungsmaßstab von 1:1. Der Fokusdurchmesser ist etwa so groß wie die Breite der Mikrokanäle, üblicherweise im Bereich >10 µm. Mikrokanalplatten können als Löcher in einer Platte ausgebildet sein (Abb. 1 links) oder als Kombination zweier senkrecht zueinander stehender Gitter (Abb. 1 rechts). Zweiteres hat den Nachteil, dass die Reflexion in horizontaler und in vertikaler Richtung nacheinander erfolgen, was zu zwei Brennebenen, also zu Astigmatismus führt. Abbildung 2 zeigt, dass dies zu einem größeren Fokusdurchmesser in der gemittelten Brennebene führt und zu zwei davor und dahinter liegenden Brennebenen mit jeweils einer horizontalen bzw. vertikalen Fokuslinie.

 

Abb. 1: Strahlengang in einer Mikrokanalplatte (links) und zweiter Typ Mikrokanalplatte (rechts)

 

Eine Simulation der Intensitätsverteilung in der Brennebene bei Beleuchtung mit einer Punktlichtquelle zeigt neben dem Punktfokus in der Mitte ein Hintergrundmuster von gleicher Intensität, wie sie in dieser Ebene ohne die Optik vorliegen würde (Abb. 2). Zusätzlich zeigt sich ein Kreuz mit etwa zehnmal höherer Intensität.

 

Abb. 2:  Simulierte Intensitätsverteilung im Fokus einer ebenen Mikrokanalplatte mit Löchern: der äußere, grüne Rand hat die gleiche Intensität, wie sie an dieser Stelle herrscht, wenn man die Optik entfernt (links) und Intensitätsverteilung einer Mikrokanalplatte aus zwei gekreutzten Gittern (rechts).

 

Hummeraugen-Optiken

Einige Arten der Zehnfußkrebse (Decapoda, Ordnung der Krebstiere), der Gruppe der langschwänzigen Langusten- und Hummerartigen (Macrura), wie Hummer, Garnele und Languste haben Augen, die das einfallende Licht über reflektierende Mikrokanäle auf die Sinneszellen (Retinulazellen) abbilden (Abb. 3) [Lan 1976]. Dieses Prinzip kann auch für Röntgenoptiken genutzt werden [Ang 1979, Har 1980, Gru 2007].

Die Optik besteht aus einem Gitter aus Mikrokanälen mit quadratischem Querschnitt. Die Lichteintrittsöffnungen der Kanäle liegen auf einer Kugeloberfläche und die einzelnen Kanäle sind in Richtung Kugelmittelpunkt ausgerichtet. Technisch werden solche Optiken oft realisiert, indem eine Mikrokanalplatte in zwei Richtungen gekrümmt wird. Licht, das die glatten Seitenwände der Kanäle trifft, wird in Richtung Brennpunkt gespiegelt. Die Brennpunkte liegen auf einer Kugeloberfläche mit grob dem halben Radius der ersten Kugeloberfläche (türkisfarbene Linie in Abb. 4). Die exakte Lage hängt von der Geometrie der Kanäle und vom Abstand der Lichtquelle ab.

Abb. 3: Hummeraugen-Optik: Lichtquelle (links), Gitter aus Mikrokanälen  (goldfarben) und Detektorebene mit simulierter Intensitätsverteilung (rechts, blau)

 

Diese Optiken können einen sehr großen Bildfeldwinkel abbilden: theoretisch können sie Licht aus nahezu allen Richtungen abbilden. Da die Optik die externe Totalreflexion nutzt, ist sie achromatisch. Für Photonenenergien bis etwa 10 keV ergeben sich passable Wirkungsgrade, die Optiken lassen sich jedoch auch für wesentlich höhere Photonenenergien nutzen. Der von der Optik abgebildet Anteil des einfallenden Lichts und damit die effektive Numerische Apertur werden vom wellenlängenabhängigen Grenzwinkel der Totalreflexion, von der Geometrie der Kanäle und von der Rauheit der Kanalwände bestimmt. Soll ein großer Raumwinkel abgebildet werden, ist ein Detektor mit kugelsegmentförmiger Oberfläche unabdingbar.

Strahlengang in einer Hummeraugen-Optik

Abb. 4: Strahlengang in einer Hummeraugen-Optik; beim Überfahren mit der Maus werden verlorene Strahlen angezeigt (grau: Spiegel, türkis: Detektor, rot: Strahlen, die Spiegelkanten oder gar keinen Spiegel treffen, blau: zweimal reflektierte Strahlen, grün: dreimal reflektierte Strahlen)

 

Eine Punktquelle wird auf einen Fleck abgebildet, der weit davon entfernt ist einem Punkt zu gleichen (Abb. 4 und 5). Nur Licht, das genau einmal reflektiert wird, gelangt in Richtung Fokus. Ein Teil der einfallenden Lichtstrahlen geht verloren, weil er die Vorderkanten der Spiegel trifft, ein anderer, weil er gar keinen Spiegel trifft (Strahlen nahe der optischen Achse). Andere Strahlen gehen verloren, weil sie mehr als einmal zwischen den Spiegeln reflektiert werden. Wegen des großen Bildfeldwinkels können diese Strahlen kaum durch z. B. den Einsatz von Blenden daran gehindert werden, zum Detektor zu gelangen. Dies führt zu einem unerwünschten Untergrundsignal auf dem Detektor, was zu einem schlechteren Signal-Rauschverhältnis führt.

Die wichtigste Anwendung von Hummeraugen-Optiken ist ihr Einsatz in Röntgenteleskopen auf Satelliten, wo sie genutzt werden, um interessante Röntgenstrahler am Himmel zu finden. Wird ein solches Objekt detektiert, wird ein Röntgenteleskop mit hoher Auflösung (z. B. eine Wolter-Optik), das nur einen kleinen Bildfeldwinkel sehen kann, darauf gerichtet, um qualitativ hochwertige Aufnahmen zu machen.

 

Abb. 5: Simulierte Intensitätsverteilung im Fokus der Hummeraugen-Optik aus Abb. 1: Seitenansicht (links) und Frontansicht (rechts)

 

[Ang 1979] J. R. P. Angel, Lobster Eyes as X-ray Telescopes, Astrophysical Journal, Band 233, S. 364-373, DOI: 10.1086/157397, 1979
[Gru 2007] V. Grubsky, M. Gertsenshteyn, T. Jannson, Nature-inspired optics enable omnidirectional and omnispectral imaging, SPIE Newsroom, DOI: 10.1117/2.1200702.0691, 4. April 2007
[Har 1980] B. K. Hartline, Lobster-Eye X-ray Telescope Envisioned, Science, Band 207, Nr. 4426, S. 47, DOI: 10.1126/science.207.4426.47, 1980
[Lan 1976] M. F. Land, Superposition Images are Formed by Reflection in the Eyes of Some Oceanic Decapod Crustacea, Nature, Band 263, Ausgabe 5580, S. 764-765, DOI: 10.1038/263764a0, 1976

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